Rezensionen Archiv / Reviews Archive

2005 - 1


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Boennigheimer Zeitung 24.06: Schreier lässt es ausklingen
Die Presse
20.06: Wettstreit der Sänger im Zeichen Schuberts
Vorarlberger Nachrichten
18.06: Sternstunde des Liedgesangs
Die Presse
17.06: Graue Panther im Bregenzer Wald
Neue Vorarlberger Tageszeitung
15.06: Ein großer Künstler nimmt Abschied
Hufvudstadsbladet
29.05: Frisk och naturlig naivitet
Radio Praha
25.05: Le festival Printemps de Praque
Idnes.CZ
22.05: Bach festival
Sächsische Zeitung
17.05: Lied-Gipfel
Th. Hartmann16.05: Niemals so glaubhaft und ergreifend
Thurgauer Zeitung
14.05: Lieder mit und ohne Worte
Rhein Zeitung
10.05: Bewegend und bewegt zugleich
Sächsische Zeitung
08.05: Die Lippen sangen mit
Süddeutsche Zeitung
29.03: Unterschiedliche Blickwinkel
Münchner Merkur
29.03: Kräftige Farben
ResMusica.com 10.03: Le cumul des passions
La Voix du Nord 05.03: Le Kantor de la Passion
Dresdner Neueste Nachrichten
13.02: Rossini als künstlerischer Rahmen für die Erinnerung
Times
18.01: RCM Chamber Choir & Orchestra/Schreier
Musicweb.uk.net
17.01: Schreier at seventy




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Boennigheimer Zeitung 24.06.2005
Schreier lässt es ausklingen
Alles deutete an dem Liederabend bei der Schubertiade Schwarzenberg auf das angekündigte Ende einer Sängerlaufbahn hin: Schuberts posthum veröffentlichter "Schwanengesang", die launige Zugabe des wiederholten "Abschied"-Lieds und, natürlich, auch die altersbedingt nicht mehr ganz so frische, flexible Stimme. Aber der bald 70-jährige Peter Schreier machte aus der Not eine Tugend und erfüllte, von Wolfram Rieger am Klavier subtil ausgeleuchtet, die sehnsuchtsvoll-beklemmenden Nachtlieder mit lebenserfahrenem Ausdruck auf jeder Silbe.

Ovationen eines dankbaren Publikums, das den Sänger jedoch noch einige Male bei der Schubertiade erleben kann. Zum allerletzten Mal am 8. Dezember. (.....)


Die Presse 20.06.2005
Wettstreit der Sänger im Zeichen Schuberts

Die Schubertiade Schwarzenberg überwältigt mit ihrer Fülle an kostbarer Musik.

(..........) Aber der unumschränkte Herrscher aller Liedsänger hieß auch diesmal wieder Peter Schreier. Was sich da bei Schuberts "Winterreise" ereignete - diese Wunder an gefühlsmäßiger Verdichtung jedes Wortes und jeder einzelnen Note, diese selbstentäußernde Identifikation mit dem Schicksal des Helden -, das war mit "Können" oder gar "Routine" nicht mehr zu erklären. G.K.


Vorarlberger Nachrichten 18.06.2005
Sternstunde des Liedgesangs
Welche Vorgabe für einen Schubertiade-Liederabend: Peter Schreier singt mit 70 zum letzten Mal Schuberts "Winterreise"! Es wird ein Triumph für diese charismatische Instanz des deutschen Liedes, eine Sternstunde des Liedgesanges. Schreier ist an diesem Abend in Topform, es ist alles da, was ihn berühmt gemacht hat: Präsenz, Persönlichkeit, Pianokultur.
Auch diese "Winterreise" wird keine kraftmeierische Auseinandersetzung mit dem Schicksal. Inwendig, verinnerlicht geht er diese letzte Reise an, symbolhaft auf einer Straße, "die noch keiner ging zurück" ( "Der Wegweiser"), macht auch Schuberts Todessehnsucht deutlich: "Im Dunkeln wird mir wohler sein" ("Die Nebensonnen"). Sein treuer Weggefährte am Klavier ist der wunderbare Wolfram Rieger, dessen Spezialität die zerbrechlichen Akkorde sind, gemalt in fahlen Farben.

Nach dem "Leiermann" schließt Schreier die Augen, lange bleibt es mucksmäuschenstill im Saal, bevor ein Orkan losbricht, sich in Standing Ovations entlädt. Die Dame neben mir ist in Tränen aufgelöst, Rührung auch auf der Bühne. Und der Andrang ist groß, als der Publikumsliebling anschließend sein Buch "Im Rückspiegel" signiert.

Peter Schreier Peter Schreier
thumbnails

Man wird Peter Schreier vermissen - nicht nur bei der Schubertiade. F.J.


Die Presse
17.06.2005
Graue Panther im Bregenzer Wald
(......) Erster Eindruck: Die ungebrochene Überlegenheit der Vätergeneration eines Peter Schreier oder Alfred Brendel. Den wievielten Frühling der Altmeister des deutschen Liedgesanges zurzeit erlebt, lässt sich kaum mehr sagen. Bei Schuberts "Schöner Müllerin" als Auftakt aller drei Liedzyklen faszinierte die Sicherheit, mit welcher Schreiers unverwechselbarer Tenor, von makelloser Technik getragen, in allen Lagen klangvoll "ansprang". Über seine Kunst der Gestaltung, vor allem seine beispielhafte, nur bei allzu schneller Tempowahl gefährdete Textdeutlichkeit, ist wohl kaum ein Wort zu verlieren. Wolfram Rieger am Flügel steuerte seinen bewährten Nuancierungsreichtum bei. G.K.


Neue Vorarlberger Tageszeitung 15.06.2005
Ein großer Künstler nimmt Abschied
Der Tenor Peter Schreier singt in dieser Woche bei der Schubertiade Schwarzenberg alle drei großen Liederzyklen Frans Schuberts - "Die schöne Müllerin" war ein berührender Beginn

Ende Juli feiert der beliebte Tenor mit dem unverwechselbaren Tiimbre seinen 70. Geburtstag - was man ihm weder ansieht noch seiner Stimme anhört. Von Anfang an war der Sänger, der seine ersten Erfahrungen als Altsolist im Dresdner Kreuzchor gemacht hatte, einer der wichtigsten Künstler der Schubertiade. Schubert, Schumann, die deutsche Volkslieder von Brahms, standen immer wieder auf dem Programm, an seiner Seite die besten Liedbegleiter wie Helmut Deutsch, András Schiff oder jetzt Wolfram Rieger.

Von der Opernbühne, auf der er als lyrischer Tenor vor allem in den großen Mozartrollen präsent war, hat
Peter Schreier bereits vor fünf Jahren Abschied genommen. Im April hat er in München seine letzte Matthäuspassion als Evangelist und Dirigent in Personalunion gestaltet, nun folgen also auch die letzte Liederabende. Denn Schreier, der gerade auch seine überarbeiteten Memoiren unter den Titel "Im Rückspiegel" veröffentlicht hat, kündigt für das Ende des Jahres seinen Abschied von der Sängerlaufbahn an. Für Oktober und Dezember sind zwar nich im neuen Programm der Schubertiade Hohenems zwei Konzerte angekündigt, doch schon jetzt sind Schreiers Interpretation von einer Aura des Abschied umgeben.

Peter Schreier hat seine Stimme immer gut gepflegt, hat stets die Grenzen seines Stimmfachs und seines empfindlichen Organs beachtet und sie nicht mit dem schwereren Fach überstrapaziert. Nur so ist es möglich, dass er heute noch solch ein tragendes Piano hat, um das ihn macher junge Kollege beneiden darf. Natürlich weiß ein Sänger wie er seine Kräfte einzuteilen, damit ein Zyklyus wie die "Schöne Müllerin" seine Spannung erhält. Und man glaubt ihm die Geschichte des verzweifelt liebeskranken Müllersburschen immer noch - den frischen Aufbruch, die euphorische Energie der Verliebtheit, den Zorn und die Eifersucht, die Hoffnung und den entgültigen Verzicht. Reich an Lebens- und Gesangserfahrung setzt Schreier natürlich andere Akzente und macht schließlich den Bach zum Anwalt des Müllers.
Der ideale Partner ist Wolfram Rieger: Keiner kann den Sänger auf solch silberhell rieselenende Figuren betten, keiner hat ein solches Pianissimo, keiner zeichnet den Klavierpart von "Pause" oder die tropfenden Töne von "Trockne Blumen" so liebevoll nach und vermag den Aufschwung in "Der Müller und der Bach" so optimistisch aufzuhellen.
Die gemeinsame, zu Recht umjubelte Reise der beiden Künstler am Montagabend in Schwarzenberg wird am Donnerstag und am Sonntag fortgesetzt. KvG
.


Hufvudstadsbladet 29.05.2005
Frisk och naturlig naivitet
Helsinki. Oratoriet Årstiderna blev Joseph Haydns sista större verk och det var till en början med motvilja han över huvud taget tog sig an att komponera det; han klagade efteråt på att arbetet gav honom det sista slaget. Haydn var inte heller nöjd med den text som hans välgörare, baron van Swieten hade översatt och bearbetat utgående från ett pastoralpoem av James Thomson. (.....)

Tarvligheter
Alla textens tarvligheter kan dock inte ens musiken rädda. En höstlig jaktscen med hästar och hundar beskrivs rakt upp och ner med smattrande valthorn och en träig körsats, men till och med en sådan antiklimax lyckades dirigenten Peter Schreier, Radions symfoniorkester och Ra-dions kammarkör blåsa liv i. Fräsch, glad och sprudlande av liv var den efterföljande festscenen med vin och dans. Ett riktigt eldprov råkade kören ut för i den avslutande dubbelkören med en intrikat fuga, där vintern omtolkas till livets slut och porten till den stora Morgonen.

RSO ger unga musiker en chans att träda fram som årets debutant och den här gången var det tenoren Jussi Myllys som fick chansen. Myllys är Peter Schreiers adept och hans röst bär tydliga spår av dennes idiom att använda en mjuk, varm och uttrycksfull röst som tar vara på vad texten vill säga. Juha Kotilainens märgiga baryton hade liknande kvaliteter och Kotilainen gjorde också recitativen till en fullödig syntes av text och musik, i stället för att bara låta dem vara övergångar till arior och körer. Christiane Oelzes sopran hade en ren och oskuldsfull framtoning som passade Haydns stiliserade naivitet som hand i handske. Peter Schreier har slutat sjunga själv men han fortsätter att dirigera. Schreiers djupa och äkta känsla för den tyskspråkiga passions- och oratorietraditionen är guld värd - ingen annan kan få ett verk som Årstiderna att klinga så fullkomligt naturligt. Radions kammarkör uppträdde sista gången som Radions kammarkör, och gjorde det som en oratoriekör med ett gediget rösttekniskt hantverk i kombination med värme och utstrålning i uttrycket. När kören byter namn till Helsingfors kammarkör och inte längre är en del av Rundradion får den här typens samarbete med RSO absolut inte äventyras. M.K.

Peter Schreier, Finland


Radio Praha 25.05.2005
Le festival Printemps de Prague
(.....) Le grand ténor allemand, Peter Schreier, fait ses adieux à la scène et c'est un départ en toute beauté. Au festival, il a chanté et dirigé La passion selon Saint Jean de Bach et la critique a admiré non seulement la conception dramatique qu'il a su donner à cet oratorio, mais aussi la voix bien conservée de ce septuagénaire qui se limitera désormais à la direction d'orchestre. (.....)

"Thumbnail" Peter Schreier, 05/'05 CBitte klciken / please click
 
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Idnes.CZ 22.05.2005
Bach festival
Prag. (.......) Bach, od jehož narození letos uplynulo 320 let, znel v Rudolfinu i ve ctvrtek. Slavný tenorista, dnes rovnež dirigent Peter Schreier, provedl Janovy pašije. A dokázal, že má stále príkladnou techniku a že i v 70 letech dokáže – až na menší výkyvy – vystavet Evangelistuv part jako dramatické vyprávení.

Privedl si s sebou mladé zpeváky, z nichž zvlášte sopranistka Barbara Christina Steudeová a altistka Britta Schwarzová zaujaly mekkými hlasy. Spolu se souborem Virtuosi di Praga a Pražským komorním sborem dal Schreier skladbe, lícící Ježíšovo zatcení a ukrižování, rysy vznosného i strhujícího príbehu.


Sächsische Zeitung 17.05.2005
Lied-Gipfel
Peter Schreier und Camillo Radicke gaben Schuberts „Winterreise“


Dresden. Peter Schreier ist seit jeher prägender Gast der Musikfestspiele. So erwartete man auch am Sonnabend im bestens besuchten Schauspielhaus, so kurz vor dem Ende seiner Sänger-Karriere, mit Schuberts „Winterreise“ ein besonderes Erlebnis. „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh´ ich wieder aus“ – heißt es am Beginn des Liederzyklus, passend zum Thema des Festspiel-Jahrgangs „Lust am Fremden“. Und Schreier ließ das Fremdsein zur Lust werden. Gerade mit dem stets gefeierten Tenor wurde das Werk zu einem tief beeindruckenden Erlebnis, getragen von einer Interpretation mit solch gestalterischer Intensität, wie sie seit der legendären Aufführung mit Swjatoslaw Richter kaum wieder zu erleben war.

Der Abschied klang schon an
Nun gab es eine nicht minder einmalige Einheit von Sänger und pianistischem Begleiter, die den Szenen des einsamen Wanderers in winterlicher Kälte besonderes Gepräge gaben. Klar war die sprachliche und sängerische Akzentuierung, höchst sensibel mitgestaltet von Camillo Radicke am Klavier. Faszinierende Charakterstudien waren da zu hören, zwischen tiefer Verzweiflung und vager Hoffnung hin- und hergerissen.
Ovationen gab es für diese Interpretation, für einen Sänger, der ein Symbol für Dresdens Musikkultur ist. Schon etwas Abschied klang hindurch als er am Schluss Schubert/Goethes „Über allen Gipfeln ist Ruh“ als Zugabe bot. F.S.

 

Thomas Hartmann (Dresden) 16.05.2005
Niemals so glaubhaft und ergreifend
.... das faszinierende konzert mit winterreise, schreier/radicke, war die sensation schlechthin der dresdner musikfestspiele. alle bisherigen aufführungen konnte ich getrost vergessen und tief in dichtung und musik einsteigen. schreier war niemals so einfach und lebendig, so weise und uneitel, so glaubhaft und ergreifend. radicke als unglaublich fordernder und fördernder partner am klavier, hat die zärtliche umarmung und dankbarkeit des sängers wahrlich verdient. falls jemand einen heimlichen mitschnitt von diesem letzten dresdner liederabend gemacht hat - ich würde mich sehr freuen, wenn der gut geschützt aufbewahrt wird.

 

Thurgauer Zeitung 14.05.2005
Lieder mit und ohne Worte
Warth. Die Ittinger Pfingstkonzerte sind eindrücklich eröffnet worden. András Schiff und Heinz Holliger gestalteten mit dem Tenor Peter Schreier am Donnerstag ein Programm, das dem Thema aller Darbietungen dieses Jahres entsprach: «Lieder mit und ohne Worte». (......)
Schumann war, wie Schubert, ein grossartiger Liederkomponist. Seine drei Romanzen (op. 94) sind denn auch im wahrsten Sinn «Lieder ohne Worte» und so wurden sie auch durch Heinz Holliger und András Schiff ausgedeutet. Die drei Balladen jedoch, «Schön Hedwig» (op. 106), «Vom Heideknaben» (op. 122, 1), «Die Flüchtlinge» (op. 122, 2), sind, wie im Programmheft vermerkt, nicht «Gattung für die grosse Masse», weil der Zuhörer vom gesprochenen Text keine Silbe verpassen darf, wenn er den Klangteppich, den der Pianist unterlegt, ganz erfassen will. Die Ausdeutung durch Peter Schreier und András Schiff liess keinen Wunsch offen. (.....)

Höhepunkt «Schwanengesang»
Und schliesslich der «Schwanengesang» - ein erster und wohl kaum zu überbietender Höhepunkt zu Beginn der Pfingstkonzerte dank Peter Schreier, dessen lyrischer Tenor nichts von seinem samtenen Timbre, seiner Spannweite und seiner Ausdruckskraft verloren hat, und dem kongenial mitgestaltenden Pianisten András Schiff: mit dem gleichen Atem und der gleichen Intensität wie der Sänger. Man spürte, wie schon in den Liedern nach den Rellstab-Texten die helle Stimmung des rauschenden Bächleins allmählich nachdenklicher wurde, und sich in den Heine-Liedern verdüsterte bis zur Tragik der «Doppelgängers». Der Beifall war so gross, dass die Konzertgeber mit zwei Goethe-Liedern («Wanderers Nachtlied» und «Musensohn») froh gestimmt den Heimweg antreten konnten. (.....) W.R.

 

Rhein Zeitung 10.05.2005
Bewegend und bewegt zugleich
Franz-Schubert-Abend mit zwei einfühlsamen Interpreten begeisterte

ANDERNACH. Bewegt und bewegend in mancherlei Hinsicht, so das Fazit eines ausschließlich dem Lied und speziell Franz Schubert gewidmeten Abends, mit dem die Andernacher Musiktage auf Burg Namedy einen würdigen Abschluss fanden.Bewegend war schon das Thema, indem es so viele Zuhörer in den Konzertsaal lockte; natürlich verstärkte der berühmte Name des Interpreten die Anziehungskraft der "Schönen Müllerin".
Bewegend sodann - und bewegt zugleich - der Gesang Peter Schreiers und ganz offensichtlich bewegt dieser selbst, als nach dem 20. Lied, am Ende einer schon rein physisch anstrengenden Darbietung, die Menschen sich erhoben, um dem nach wie vor beeindruckenden Künstler minutenlang stehend zu applaudieren. (.....) Peter Schreier, der sich am Anfang seiner Karriere vor allem als Mozart-Interpret einen Namen machte, hat diesen Zyklus schon oft gesungen. Doch vermag keine Aufnahme, sie mag sogar besser sein, das Fluidum der unmittelbaren Begegnung zu vermitteln. Ausdrucksstark und sensibel zugleich zeichnet die Stimme des Müllersburschen schwankende Gefühlslage; verhaltene Mimik und sparsame Gesten verstärken die Wirkung des Textes, den diese Stimme deutlich vernehmbar bis in die hinterste Reihe trägt. So könnte es Schubert gemeint haben, der einmal in sein Tagebuch geschrieben hat: "Wollte ich Liebe singen, so ward sie mir zum Schmerz. Und wollte ich wieder Schmerz nur singen, ward er mir zur Liebe. So zerteilte mich die Liebe und der Schmerz."

Doch ist der Gesang bei Schubert nur die Schauseite der Medaille. Den wichtigen, ja unverzichtbaren Klavierpart, der einführt oder abschließt, moduliert, Akzente setzt und jederzeit in kongenialer Weise mit dem gesungenen Wort korrespondiert, spielte Alexander Schmalcz exakt und einfühlsam und diente so dem gemeinsamen Erfolg. (.....)


Sächsiche Zeitung 08.05.2005
Die Lippen sangen mit
Mozartfest. Feierlicher Auftakt: Peter Schreier dirigierte in Chemnitz Händels „Messias“ und erhielt den Mozartpreis.

Peter Schreier ist der Mozartpreisträger 2005. Der Ausnahmekünstler erhielt die Ehrung der Sächsischen Mozart-Gesellschaft zur feierlichen Eröffnung des 14. Sächsischen Mozartfestivals am Freitag Abend in Chemnitz. „Der Name Peter Schreier zieht an wie ein Magnet“, sagte der Dresdner Musikwissenschaftler Prof. Dr. Hans John in seiner Laudatio auf den Künstler, der nunmehr seit 60 Jahren auf der Bühne steht. „Peter Schreier hat sich seit Beginn seiner Laufbahn als hervorragender Mozart-Tenor einen Namen gemacht. Für ihn sind die Werke von Bach und Mozart der Kern seines Schaffens. Aber Peter Schreier ist nicht nur als Sänger und sensibler Liedinterpret, auch von Kunst- und Volksliedern, berühmt, sondern ebenfalls als Dirigent“, erklärte John.Dass Peter Schreier diese Ehrung mehr als jeder andere verdient hat, das stellte er bereits zuvor unter Beweis. Denn die Zuhörer des Eröffnungskonzertes in der eher spartanisch ausgestatten Chemnitzer Kreuzkirche erlebten ein klassisches mozart-typisches Musik-Feuerwerk, bei dem auch Kenner den Atem anhielten und nur noch lauschten: Peter Schreier dirigierte den „Messias“ von Georg Friedrich Händel in der selten gespielten Bearbeitung von Wolfgang Amadeus Mozart. Mögen Mozarts Eingriffe in die Struktur gering gewesen sein, der Zuhörer bemerkte den veränderten und zugleich verwandten Geist. Verblüffend, wie nahe Mozarts Kompositionen der Musik Händels kamen. Besonders in den Sopranarien waren Mozartsche Pamina-Partien zu hören. Und geradezu spielerisch leicht dirigierte der Künstler die ungewohnt weiche und doch sehr klangreiche Fassung des „Messias“. Schreier führte die beeindruckenden Solisten – Barbara Christina Steude (Sopran), Annekathrin Laabs (Mezzosopran), Falk Hoffmann (Tenor) und Egbert Junghanns (Bariton) – überaus sicher und mit scheinbar wenig Aufwand mit dem Chemnitzer Barockorchester und dem Thüringischen Akademischer Singkreis zu einem Ganzen zusammen, das sogar das berühmte „Halleluja“ zu einem fast neuen Erlebnis werden ließ.

Nicht nur die Zuhörer, sondern auch Peter Schreier ließ sich von der Magie der Musik so sehr mitreißen, dass er die Lippen bewegte, indem er bei verschiedenen Arien im Innersten mitsang. Ein Zeichen, dass er sogar dieses seltene Werk auch als Sänger in- und auswendig beherrscht. „Auch bei den Proben hat Peter Schreier ab und zu mitgesungen“, verriet Ekkehard Hering vom Chemnitzer Barockorchester. „Es klang wie bei einem jungen Mann, überwältigend.“

Doch es könnte sein, dass die Stimme Peter Schreiers künftig kaum noch live zu hören ist. Denn er kündigte in Chemnitz an, dass er noch in diesem Jahr seine Laufbahn als Sänger beenden wird. „Ich habe mich lange Jahre als Tenor mit Mozart befasst und immer eine große Freude dabei verspürt. Deshalb scheint mir mein 70. Geburtstag der richtige Moment zu sein, um mit dem Singen aufzuhören“, erklärte Schreier. Seine Ankündigung löste lebhaftes Bedauern im Publikum und zugleich auch Verständnis aus. Möglicherweise, so wurde danach vermutet, könnte ein Liederabend in Dresden mit „Die Schönen Müllerin“ von Franz Schubert im Sommer sein letzter Auftritt als Sänger werden. Peter Schreier, der in Meißen geboren wurde, feiert am 29. Juli 2005 seinen 70. Geburtstag. B.P.


Süddeutsche Zeitung 29.03.2005
Unterschiedliche Blickwinkel
Zwei Matthäuspassionen mit Bach-Chor und Klangverwaltung

Jetzt, da die dunkle Fastenzeit von den papiergrasgrünen Ostertagen abgelöst worden ist, liegt Bachs Matthäuspassion wieder weit weg. Das muss kein Nachteil sein, denn umso gelassener mag die Rückschau auf die beiden Karfreitags-Aufführungen in der Philharmonie ausfallen. Es ist fraglich genug, ob überhaupt nüchtern rezensiert werden kann, was das Publikum oft als eine Art Konzertsaal-Gottesdienst erlebt.

Im Falle des Münchener Bach-Chors unter Peter Schreier kommt hinzu, dass Schreier für das Ende des Jahres seinen Abschied als Sänger angekündigt hat. Damit ist er vielleicht zum letzten Mal als Evangelist aufgetreten, also in einer Rolle, die er geprägt hat wie sonst wenige. Obwohl heute der Stimme des 69-Jährigen die frühere Kraft fehlt, so weiß sie doch zu jedem Zeitpunkt genau, was sie sagen will, und stellt sich damit wie eh und je ins Zentrum der Leidensgeschichte. Diese Perspektive ist es, die Peter Schreiers Matthäuspassion so besonders macht, weil sie im Erzähltext ihren Dreh- und Angelpunkt findet. Als Dirigent und Evangelist zugleich verdichtet Schreier das Geschehen in der Botschaft, aus der heraus er das Werk deutet und erklärt.

Schreier ist auf Partner angewiesen, die ihre Position kennen und selbstständig ausfüllen, weil er ihnen als Dirigent nicht allzu viele Hinweise gibt auf die Extras rechts und links des Weges. So schlugen sich zwar das Bach-Collegium München, das Bach-Orchester und - mehr oder weniger - auch der Bach-Chor wacker, doch überboten einige Solisten den oft wenig runden Gesamteindruck bei weitem. Vor allem der weiche, zart geführte Sopran von Simone Nold machte aufhorchen, und in der Arie "Aus Liebe will mein Heiland sterben" war nur schwer zu bestimmen, ob die Singstimme schwereloser klang oder András Adorjàns Flöte. Als Continuo-Organist steuerte der künftige Leiter des Bach-Chors, Hansjörg Albrecht, manch muntere Generalbass-Auszierung bei.

Derartige Schlenker gab es bei der Matthäuspassion von Enoch zu Guttenberg nicht. Er ging strenger zu Werke und konzentrierter, aber der bedeutsamste Unterschied zu Schreier lag im Blickwinkel. Schon rein äußerlich war die Aufgabe des Evangelisten eine andere: Marcus Ullmann sang links am Rande (......) J.R.




Münchner Merkur 29.03.2005
Kräftige Farben
Matthäus-Passion mit Peter Schreier

Beinahe fünfzig Jahre sind seit Peter Schreiers erstem Auftreten als Evangelist in Bachs Matthäus-Passion vergangen. Am Karfreitag war der Tenor und Dirigent in der Münchner Philharmonie nun zum wahrscheinlich letzten Mal mit diesem Werk zu erleben. Zumindest was den Sänger Peter Schreier betrifft, denn am Dirigentenpult dürfte man ihm auch in Zukunft begegnen.

Anders als Originalklang-Spezialist Ton Koopman, der am Tag zuvor an gleicher Stelle mit dieser Passion gastierte, wählte Schreier insgesamt breitere, oftmals getragene Tempi und malte mit kräftigeren Farben, was besonders in den wuchtigen Doppelchören und dem bewegenden Schlusschor Effekt machte, den die Sänger des Münchener Bach-Chores eindrucksvoll zu gestalten verstanden. Auch Bach-Orchester und Bach-Collegium, die zu beiden Seiten des Podiums postiert waren, hatte Schreier fest im Griff und entlockte vor allem den Holzbläsern auch zarte Zwischentöne.

Die doppelte Belastung als Dirigent und Sänger meisterte er geschickt und ließ sich am Ende dafür vom Publikum feiern. Natürlich, die Stimme des knapp 70-Jährigen hat inzwischen merklich an Kraft und Höhensicherheit eingebüßt, doch verstand es Schreier, dieses Manko durch eine exemplarische Textgestaltung beinahe vergessen zu lassen. 1956 hatte er diese Partie in Bremen zum ersten Mal übernommen, und dass ihn das Werk seitdem durch seine Sängerlaufbahn begleitet, war in jeder Silbe zu spüren.


Peter Schreier: letzte / last "Matthäus"- München


Von der Diktion Schreiers könnten auch manche seiner Solisten noch lernen. Vor allem Tenor Alexander Yudenkov, der sich hörbar mit seinen Soli abmühte. Für Enttäuschung im Publikum hatte die Absage von Olaf Bär gesorgt, doch war mit Markus Marquardt als Christus ein mehr als adäquater Ersatz aufgeboten, der mit jugendlicher Frische und Stimmkraft zu imponieren verstand. Auch Sopranistin Simone Nold und Egbert Junghanns (Bass) sangen ihre Arien solide. Doch wirkliche Emotionen vermittelten sich allein bei Annette Markert, die die Alt-Arien mit warmer, manchmal leicht flackernder Stimme interpretierte. T.H.


ResMusica.com 10.03.2005
Le cumul des passions
Peter Schreier chante et dirige. Douai. Eglise Notre Dame. 08-III-2005.

En invitant Peter Schreier à venir le diriger dans la Passion selon Saint Jean, l’Orchestre National de Lille conviait à son pupitre un des représentants les plus éminents de la tradition «Est-Allemande» de l’interprétation de Bach, illustrée avant lui par des chefs tels que Rudolf Mauersberger, Martin Flämig ou Gunther Ramin. A cette tradition accordant une importance première au texte, au drame et à la foi religieuse, et caractérisée par l’ampleur des effectifs, Peter Schreier ajoute souplesse et musicalité et utilise des chœurs d’adultes, alors que ses illustres devanciers, cantors de maîtrises, utilisaient naturellement des chœurs d’enfants.

Peter Schreier a lui-même débuté comme contralto enfant au vénérable Kreuzchor de Dresde dans les années 1940, et a enregistré en tant qu’évangéliste les Passions sous de nombreuses baguettes, Richter, Karajan, Mauersberger, Rilling, , .. Ayant abordé la direction d’orchestre au tournant des années 80, c’est tout naturellement qu’il a décidé de combiner le rôle de l’évangéliste et la direction musicale de ces Passions. La réunion de ces deux tâches, pour écrasante qu’elle soit, est parfaitement logique car c’est l’évangéliste qui, par le débit de ses interventions, détermine en grande partie le choix du tempo dans le choral qui suit. Les enregistrements de ses prestations en tant qu’évangéliste et chef à la tête de la Staatskapelle de Dresde sont parus chez Philips et sont encore 15 à 20 ans après leur sortie l’une des rares alternatives modernes aux interprétations sur instruments anciens. Loin de ces reconstitutions à petit effectif qui font florès aujourd’hui, Peter Schreier utilise un chœur d’une cinquantaine de chanteurs et un orchestre fourni, les seules concessions à l’instrumentarium baroque étant l’emploi d’une viole de gambe et d’un théorbe dans la deuxième partie.

C’est une expérience réellement impressionnante de voir et d’entendre le chef-ténor interpréter cette Johannes Passion. Le chef est strict et sévère, imposant un contrôle absolu à l’orchestre d’un point de vue dynamique, il obtient des pianissimi d’une douceur et d’une transparence étonnante pour un ensemble aussi fourni. Sa longue expérience de chanteur lui permet de ménager ses solistes, ici en allégeant la masse orchestrale, là en accélérant le tempo lorsque le chanteur commence à manquer de souffle.

Sa prestation en tant qu’évangéliste est encore plus aboutie. Bien sûr, le timbre qui n’a jamais été bien séduisant n’est plus très frais, l’émission est parfois hasardeuse, et la voix a beaucoup perdu en assurance dans des aigus souvent détimbrés, en même temps que le grave est excessivement vibré. Lui reste un médium encore très confortable, une belle projection et la conduite sans faille de sa ligne de chant. Les carences vocales de Schreier pèsent cependant de peu de poids face à son talent de narrateur, à sa fougue et à la manière dont il prend le texte à bras le corps. Se basant sur la compréhension intime qu’il a de l’œuvre (il dirige et chante sans partition), donnant sens à chaque mot, bousculant le rythme de la déclamation aux moments opportuns, il met par le seul pouvoir du verbe des images sur chaque épisode et permet à chacun de comprendre le sens des paroles allemandes même en ne suivant pas le livret des yeux, et sa voix écorchée et fatiguée rend cette histoire abrupte et violente avec une vérité dont ne serait pas nécessairement capable un ténor en pleine possession de ses moyens vocaux.

Tenant la partie d’alto, Suzan Blattert, beau timbre clair, fait preuve d’une belle musicalité dans «Von den Strichen meiner Sünden», mais une véritable contralto aurait des graves mieux assurés. Elle est plus à l’aise dans «Est ist vollbracht», mais est trahie là par une gambiste très peu inspirée, et qui joue faux. La soprano Barbara Christina Steude, timbre argenté, aux vocalises aériennes réussit un très beau «Ich folge dir gleichfalls mit freudigen Schritten» malgré quelques stridences dans le suraigu. Sa deuxième aria est plus laborieuse car elle n’en maîtrise pas très bien les longues phrases et peine à en animer le da capo. Yves Saelens est un ténor au timbre un peu grisonnant, peu séduisant de prime abord, mais qui manifeste une belle compréhension des enjeux du texte, et qui est à l’aise dans les vocalises. On lui reprochera un volume assez confidentiel, surtout dans «Erwäge, wie sein blutgefärbter Rücken» où il peine à franchir le mur de l’orchestre. Le soliste le plus impressionnant est la basse Markus Butter, avec sa diction mordante, son timbre de bronze et ses graves bien assurés, il fait un Pilate d’une autorité indéniable dans les récitatifs et est très brillant dans les trois airs qu’il a à défendre. Le Jésus de Egbert Junghanns est plus problématique. Placé à la tribune de l’organiste, il déclame sa partie d’une façon trop grandiloquente et boursouflée pour être crédible, et alors que tous les autres protagonistes, galvanisés par l’Evangéliste font assaut d’ardeur et d’urgence dramatique, faisant de cette partition un drame de chair et de sang, Junghanns fait plus penser à un improbable «grand méchant loup» qu’à un véritable Jésus-Christ.

Les timbres du Chœur régional Nord/Pas de Calais, préparé par Eric Deltour, sont globalement peu séduisants (altos et ténors surtout). Les choristes ne chantent pas toujours de façon totalement intelligible, mais ils compensent par leur vérité dramatique, comme chauffés à blanc par la direction de Schreier, l’épisode de la Condamnation et Crucifixion, dans lequel le chœur interprète le Peuple Juif, est à cet égard parfaitement réussi, tendu du début à la fin par les interventions brûlantes et fielleuses des choristes. L’Orchestre National de Lille, malgré ses effectifs fournis, répond avec une grande souplesse à la battue très précise du chef, et les solistes ont des interventions très soignées, la palme revenant à la flûte traversière éloquente de Chrystel Delaval.

Il est à noter la disposition particulière de ce concert, chef placé dos au chœur faisant face au public, instrumentistes disposés en cercle face au à lui, de trois-quarts dos par rapport aux auditeurs, un peu comme si on était à l’opéra, mais avec un chef qui se trouverait sur scène plutôt que dans la fosse. Cet agencement inhabituel permet à Schreier de bien tenir en main tout son monde, mais il rend certains instruments peu audibles, car leur son part vers les choristes plutôt que vers le public. C’est le cas d’une partie des violons et surtout du violoncelle du continuo qu’on n’entend presque pas par rapport à l’orgue positif.

Malgré tout, ces petits détails sont vraiment peu de choses face à la grandeur d’un concert qui fut une expérience d’une grande intensité, dans lequel chaque musicien s’est transcendé, sous la conduite d’un des interprètes majeurs de Bach, et qui fera assurément partie des meilleurs moments de la saison de l’ONL.
Richard Letawe

 

La Voix du Nord 05.03.2005
Le Kantor de la Passion
P. Schreier dirigeait et chantait hier la Saint-Jean

Lille. Il faut avoir vu - et entendu - Peter Schreier diriger et chanter l'Évangéliste dans une Passion. Hier soir à Lille - dans un auditorium du Nouveau Siècle bien rempli malgré la tempête de neige ! -, c'était dans une merveilleuse Saint-Jean.


Peter Schreier in Lille - 03/2005


On sait, ou on ne sait pas, que le ténor allemand a vécu quasiment toute sa carrière avec Bach, le Kantor de Leipzig. Les Passions, la Saint-Jean comme la Saint-Matthieu, il faut, en vérité, bien les connaître, les comprendre et les aimer pour oser, comme le fait Peter Schreier, mener tout ensemble la direction d'un vaste effectif orchestral et vocal - même si on est ici dans des dimensions réduites, c'est à dire non symphoniques -, et chanter le récitatif, ce rôle de l'Évangéliste qui mène le drame d'un bout à l'autre. Que dire, sinon que l'on est ici dans un territoire où ne peuvent accéder que les plus grands. Qu'à eux seuls appartiennent ces tempi nerveux et saccadés, conduits de l'index, voire d'un regard, comme le fait Peter Schreier. La voix du maître s'est sans doute un peu, à peine, teintée, certains aigus sont peut-être, à peine, moins habiles. Le son, le souffle, l'aisance sont intacts. Sous son impériale autorité, les cinq solistes sont irréprochables. À l'image du Choeur régional - qui n'a pourtant pas la
partie facile - comme des instrumentistes de l'Orchestre national de Lille.
Hier soir à Lille, c'était une merveilleuse Saint-Jean, la dernière que donnera en France Peter Schreier.
J-M D.



Dresdner Neueste Nachrichten 13.02.2005
Rossini als künstlerischer Rahmen für die Erinnerung
Als der 71-jährige Gioacchino Rossini 1863 die "Petite messe solennelle" komponierte, hatte er sich eigentlich schon lange zur Ruhe gesetzt (.....) Und anders als etwa in seiner "Messa di Gloria" von 1820 hat er sich in der "Kleinen feierlichen Messe" sehr um Zurückhaltung bemüht und absichtsvoll wenig opernhafte Elemente in die Komposition einbezogen. Die Erstfassung, die nur mit Harmonium und zwei Klavieren begleitet ist, besitzt sogar nahezu kammermusikalischen Zuschnitt, denn die kleine Zahl von Begleitinstrumenten verlangt natürlich auch eine entsprechende Vokalbesetzung. Drei Jahre später hat Rossini die Komposition durch eine Orchestrierung für große Räume tauglich gemacht, aber diese Fassung für Soli, Chor und Orchester ist ein merkwürdiger Zwitter geworden oder trägt zumindest kompromisslerische Züge.
Vielleicht ist das eine Erklärung dafür, dass trotz des Einsatzes der philharmonischen Chöre mit etwa 150 Sängern jene Wucht ausblieb, die bei einem solchen Aufgebot eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Vielleicht aber lag es auch am Dirigenten Peter Schreier, der etwas gehemmt wirkte, zumindest nicht so souverän agierte, wie man ihn von der Interpretation alter Musik, speziell Bachscher Werke, kennt. Nicht auszuschließen wäre, dass Rossinis Messe nicht zu Schreiers bevorzugten und vertrauten Werken gehört, er der Komposition gegenüber sogar ein gewisses Maß an Skepsis entgegenbringt.

Nicht zu leugnen ist, dass die Messe auch ihre Positiva besitzt. An allen Stellen ist zu spüren, dass hier ein eminent erfahrener Komponist an der Arbeit war. Der melodische Fluss ist so natürlich und ungebrochen wie in Rossinis Opern. Dort begegnet man häufig gar zu platten stereotypen Wendungen, die man oft schon voraussagen kann. Dieses Phänomen ist in der Messe höchstens tendenziell vorhanden. Allerdings führen viele Textwiederholungen, die sich auch in musikalischen Wiederholungen manifestieren, doch zu einem Gefühl der Schwatzhaftigkeit, das auch durch die beste Interpretation nicht beseitigt werden kann. Dass Rossini ein Großmeister des Belcanto war, verraten die Solopartien.Die waren durchaus befriedigend, wenngleich nicht in allen Fällen optimal besetzt. Mit der Sopranistin Helen [Donath] war ein großer internationaler Star zu Gast. Sie überraschte mit einer noch immer tragfähigen und kraftvollen Stimme ohne störendes Vibrato und gab der Partie, was sie brauchte. Auch die Mezzosopranistin Ulrike Helzel war eine gute Wahl, obwohl einige sehr tiefe Töne etwas forciert klangen. Michael Heim ist kein ausgeprägter Rossini-Tenor, hat zwar eine schlanke, aber auch ein bisschen eng wirkende Stimme und hätte hin und wieder noch eine Spur mehr Stimmkraft gebraucht, um gegen das Orchester zu bestehen. Letzteres trifft auch auf den Bariton Stephan Loges zu, der im Übrigen jedoch mit linearer Stimmführung und nobler Gestaltung überzeugte.

Chor und Orchester musizierten sauber und stilistisch weitgehend unanfechtbar. Dass etwas mehr an zupackendem Al-fresco-Musizieren wünschenswert gewesen wäre, ist kein Widerspruch dazu, denn es läge noch im Bereich des Zulässigen. Vielleicht sind aber all solche Erwägungen unangemessen, denn Konzerte zum Dresdner Gedenktag haben vorrangig die Funktion, der Erinnerung einen künstlerischen Rahmen zu geben. So stand dann dieses Konzert unter dem etwas trutzig wirkenden Leitspruch "Dresden lebt!", und die Mitwirkenden und viele Besucher hatten sich die weiße Rose angesteckt, die in diesem Jahr das tragende Symbol ist. P.Z.


Times 18.01.2005
RCM Chamber Choir & Orchestra/Schreier
The life of the great tenor Peter Schreier is turning full circle. As a boy, he performed in the Dresden Kreuzchor, listening to and singing solos in the Bach masterworks with which he’d be so closely associated throughout his life. Now, at 70, after a lifetime of Mozart opera, Lieder and Bach Evangelists without compare, Schreier is returning to coach and direct new generations of Bach singers and players. Schreier has made four visits to St John’s with musicians from the Royal College of Music: their 2003 Christmas Oratorio was an unforgettable experience. This time, it was Bach’s B-minor Mass, in a performance that movingly fused innocence and experience, youthful wonder and veteran wisdom.

No period instruments, no starry soloists: this was simply exquisitely prepared and sensitively directed chamber-musical Bach, with instrumental and choral voices listening minutely to each other at every turn. Schreier is a minimalist of a conductor. He had only to nudge and to nod in order to set free, with deceptive simplicity, all that must have been long prepared in rehearsal, not least within the score of Paul Spicer, director of the RCM’s Chamber Choir.

In the Gloria, trumpet-bright violins were set change-ringing with the choral voices. And from the heart of the choir came, it seemed, the pleas for mercy of individual supplicants, set against long, dragging vowels, heavy with the full weight of the world’s sin. Led by José Monton, whose violin solo had graced the Laudamus te, the string ensemble was lightfingered and lithely phrased, momentarily tinting the phrasing of the Agnus Dei with the palette of the Passions.

This was a performance that gloried in intimate details such as these. The Credo unfolded with a calm inevitability, its cumulative power almost imperceptibly built. And Schreier revealed the expectation of the Resurrection, through Bach’s chromatic miasma, to be a real mystery, until all was changed in the twinkling of an eye, and the blast of a trumpet.
With the exception of the evening’s eloquent mezzo, Jennifer Johnston, all the soloists were drawn from the choir. I particularly enjoyed the joyful soprano of Lorna Bridge; Ida Falk Winland’s beautifully honed, more resinous soprano in the Laudamus te; and the burgeoning lyric tenor of Ben Johnson, only slightly over-awed, perhaps, in the presence of his master’s voice.
Hilary Finch at St John's Smith Square

 

Musicweb.uk.net January 2005
SCHREIER AT SEVENTY
Peter Schreier 70th Birthday Concerts, Schumann, ‘Dichterliebe’ with Roger Vignoles,
Royal College of Music, Wednesday 12th January 2005; Bach, Mass in B Minor,
RCM Chamber Choir and Orchestra, St John’s Smith Square, Friday 14th January 2005

Dichterlieben, of course, practically grow on trees: on this same evening, one could have chosen to hear the work at the Wigmore Hall by one of the RCM’s former pupils, Jonathan Lemalu – most other critics did choose that performance, but I doubt very much if the quality of the singing would have been the equal of Schreier’s. These commemorative performances were instigated by the RCM’s Head of Vocal Studies, Neil Mackie, himself a distinguished interpreter of these works, and Wednesday night’s was one of the best things he has organised there. Every tenor wants to have a go at ‘Dichterliebe’ – it is officially everyone’s favourite song cycle, and even a pretty mediocre performance by yet another wannabe Wünderlich is liable to be called ‘a recital of astonishing maturity’ by those who really should know better. What a pity that one couldn’t have lined up virtually every other singer and critic and frogmarched them all to the RCM to hear Schreier sing it with matchless authority and unequalled depth of understanding. The voice has never been the most purely beautiful: one never went to hear this singer in expectation of perfect tone, but his interpretive skill allied to a highly individual timbre have always singled him out – so fine is his technique that the years have been relatively kind to him, so that only the most taxing notes find him little stretched.The key to ‘Dichterliebe’ is the right combination of rapture and borderline hysteria, and Schreier and Vignoles capture it exactly. ‘Im wunderschönen Monat Mai’ was sung with the beautiful legato line yet the sense of longing was already there in the first line, echoed by the hesitancy of the piano. ‘Die Rose, die Lilie’ was taken extremely fast, as it should be, leaving ‘Wenn ich in deine Augen seh'’ to be the still centre: Schreier’s interpretation of crucial words such as ‘ganz’ and ‘bitterlich’ here provided an object lesson in how to lean on significant moments without making them bear too much weight. The same was true of ‘Ich will meine Seele tauchen’ where in the final line, ‘In wunderbar süßer Stund’ most singers will select either the noun or one of the adjectives to highlight: Schreier is able to give each word its proper importance, never pushing too hard, but never crooning either.Vignoles played the nachspiel to the eighth song superbly, and launched into ‘Das ist ein Flöten’ with real relish: ‘Hör' ich das Liedchen klingen’ was perhaps the evening’s finest example of the closeness of spirit between pianist and singer, with the piano’s rippling arpeggios gently supporting the melancholy vocal line. ‘Ein Jüngling liebt ein Mädchen’ is often the song where the emergent or the merely mediocre feel that they can indulge in a bit of over-the-top action: hands in pocket, pseudo – eloquent shrugs and so on: however, histrionics are not welcome here, and as always, Schreier shows the way with gestures that are as subtle as his singing. And what of that giveaway little word, ‘Heimlich’ in ‘Allnächtlich im Traume’? Perfection: delicately suggestive of intimacy yet not remotely distanced from its line, as finely sung as the last two stanzas of the penultimate song – these lines had it all, from the sense of fervent longing at ‘und dort mein Herz erfreun’ through fleeting bliss at ‘frei und selig sein!’ and finally bitter realization at ‘wie eitel Schaum.’We had been invited to hear ‘Dichterliebe’ and that was all we had expected, so dinner plans had been made nearby for 7.45 after a 7 p.m. start: however, the concert also featured a lively performance of Brahms’ opus 101 by three of the RCM’s rising young instrumental stars, with Andrew Joyce an especially promising ‘cellist, and as an encore, ‘because ‘Dichterliebe’ is so short,’ we got ‘not one encore but twelve’ in the shape of the opus 39 ‘Liederkreis.’ This ‘encore’ featured some marvellous singing and playing, especially in ‘Intermezzo’ and an impassioned ‘Schöne Fremde’ and closed with a ‘Frühlingsnacht’ which came as close as any I have heard to the ideal, with the throbbing semi-quavers of Vignoles’ accompaniment echoing the fervent urgency of the vocal line. Rumour has it that this may be Schreier’s last London recital: if so, he could hardly have departed from the platform on a higher note. Schreier is also, of course, a notable conductor and at St John’s on Friday, RCM students were directed by him in a performance of the B Minor Mass. His presentation of the Christmas Oratorio in January 2003 was remarkable not only because he combined the role of conductor with that of narrator, but also owing to the team of soloists, drawn as they were from the cohort that included Andrew Kennedy and Jared Holt: it would be too much to ask for another group with such outstanding promise, and amongst this evening's singers only the mezzo Martina Welschenbach and the baritone Håkan Ekenäs were at their level. Welschenbach sang the sang the ‘Qui sedes’ and ‘Agnus Dei’ with a smooth line and plenty of confidence, and Ekenäs gave a fluent rendering of ‘Et in Spiritum Sanctam’: his is a voice with a very distinctive character, almost tenorial at the top and with plenty of power. The other singers did not fare so well, but they were mostly very young indeed and cannot but have been encouraged and inspired by the experience of working with Schreier.

The RCM Chamber Choir was superbly directed by Paul Spicer, with the alto sections especially strong: this was a dramatic reading of the score above all in sections like ‘Et resurrexit’ which had the appropriate note of triumph. Instrumentally there were some fine performances to savour, notably from the flutes in the ‘Domine Deus’ and ‘Benedictus’ and the strings in the ‘Credo’. Schreier maintained the work’s sense of grandeur throughout, whilst highlighting its intimacy and narrative qualities, and although I would not say that his conducting is in the same class as his singing, he brings to it a highly individual Lieder singer’s sense of phrasing as well as a devotion to Bach’s music which is genuinely inspirational to know.
Melanie Eskenazi


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