Berliner
Morgenpost: Ohne Sie würde es das Konzerthaus, heißt
es hinter den Kulissen, in seiner heutigen Gestalt nicht geben?
Peter Schreier: Das ist vielleicht etwas zu hoch gegriffen.
Ich habe mich sehr für den Bau eingesetzt, bin auch einbezogen worden
in die Planung und habe dann Schwierigkeiten gehabt, das mir angetragene Intendantenamt
abzuwehren. Dazu war ich zeitlich gar nicht in der Lage, aber auch weil mir
so ein Amt überhaupt nicht liegt. Ich bin kein Organisator, kein Mensch,
der ein so großes Unternehmen leiten könnte. Aber die DDR war immer
sehr um ihre Außendarstellung bemüht. Das ging so weit, dass man
keinen Mann der Partei, sondern einen wollte, der einen Namen als Künstler
hatte. Irgendwann gab es glücklicherweise die Idee, ein Kuratorium zu
gründen, das eine gewisse Repräsentanz bildete und das mir die Möglichkeit
gab, Künstler in der ganzen Welt anzusprechen. Das war damals nicht selbstverständlich,
dass die Künstler-Elite aus dem Westen kam und vor allem entsprechende
Geldmittel dafür da waren.
Wer
war Ihr politischer Ansprechpartner vor der Eröffnung?
Das war zunächst einmal das Zentralkomitee der SED und dort der zuständige
Konrad Naumann. Der sagte mir damals, ich könnte neben dem Intendantenposten
ruhig ein bisschen weitersingen. Im Kulminationspunkt war es Erich Honecker
persönlich.
Honecker
wollte Sie überreden, Intendant zu werden?
Kann man sagen. Es war nicht leicht, ihm klar zu machen, dass auf diese Position
besser ein Ökonom gehört.
Wer
hat eigentlich den Vorschlag gemacht, das einstige Schauspielhaus als Konzertspielstätte
wiederzueröffnen?
Das war von vornherein klar. Auch deshalb, weil dort schon vor der Zerstörung
viele Konzerte stattfanden. Ein Schauspielhaus im ursprünglichen Sinne
kam nicht in Frage, da gab es bereits das Deutsche Theater. Es fehlte uns
aber das Pendant zur Philharmonie in West-Berlin.
Immer
wieder wird über die Akustik gestritten. Was waren vor der Eröffnung
die Hauptprobleme?
Gerade die Akustik wurde intensiv diskutiert. Wir haben Akustiker beauftragt
und viele Proben gemacht - die Meinungen gingen wie heute auseinander. Denn
es gab die Überakustik, die im hinteren Bereich des Saales dazu führte,
dass sich die Klänge überschlugen. Es wurden schließlich verschiedene
Veränderungen vorgenommen.
Welche
Musik gehört ins Konzerthaus?
Alles ist möglich. Kritisch wird es vielleicht bei Kammermusik. Ansonsten
kommen dort das große Orchester und der große Chor am besten zur
Geltung. Vorausgesetzt, es ist voll, weil das Publikum Bestandteil der akustischen
Verhältnisse ist.
Ihre
Wohnung am Gendarmenmarkt, gleich gegenüber vom Schauspielhaus, haben
Sie im Jahr 2000 mit Ihrem Abschied von der Staatsoper aufgegeben. Wann haben
Sie das Konzerthaus emotional losgelassen?
Natürlich fühlte ich mich in die Pflicht genommen, dass, wenn so
ein Haus gebaut wird, es auch ordentlich genutzt wird. Als nach der Wende
die Leitung um Dr. Lessing quasi weggejagt wurde, sah ich als Kuratoriumsvorsitzender
keine Notwendigkeit mehr, mich einzubringen. Es gab schließlich auch
ganz andere Probleme. Man wusste nicht, wie das Haus fortgeführt werden
sollte. Und ob überhaupt ein Stammorchester drin bleibt. Aber die Fragen
sind ja nach wie vor ungelöst.
Verfolgen
Sie die kulturpolitischen Vorgänge immer noch?
Ja, aber aus einer Distanz der Nicht-mehr-Zuständigkeit. Ich bin von
Berlin weg. Nächstes Jahr werde ich 70 Jahre alt und will etwas mehr
Ruhe haben. Aber ich war beispielsweise unglücklich darüber, dass
man das Haus in Konzerthaus umbenannt hatte. Weil es ein historisches Gebäude
ist und als Schauspielhaus gebaut wurde. Konzerthaus ist mir ein viel zu lapidarer
Begriff.
Im
Konzerthaus gibt es jetzt nicht nur den großen und kleinen, den Beethoven-
und Weber-Saal, sondern auch einen Werner-Otto-Saal
- benannt nach dem Sponsor.
Da kann ich nur an das Walt-Disney-Haus in Los Angelos erinnern. Es ist ein
toller, moderner Konzertbau, obwohl Disney nun wirklich nichts mit klassischer
Musik zu tun hat. Aber wer ein Haus sponsert, sollte schon das Recht erhalten,
seinen Namen dort irgendwie wieder zu finden. Das finde ich völlig in
Ordnung.