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Berliner Morgenpost 01.10.2004



Audienz bei Honecker


Tenor Peter Schreier über die Wiedereröffnung des Schauspielhauses vor zwanzig Jahren
Für die DDR war es ein Prestigeobjekt, die Konkurrenz zur Philharmonie im Westen. Als "Zentrum zur Pflege philharmonischer Musikkultur" wurde heute vor zwanzig Jahren das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt wiedereröffnet.Als graue Eminenz galt seinerzeit der international gefeierte Tenor Peter Schreier. Volker Blech sprach mit dem Dresdner Künstler.

Berliner Morgenpost: Ohne Sie würde es das Konzerthaus, heißt es hinter den Kulissen, in seiner heutigen Gestalt nicht geben?
Peter Schreier: Das ist vielleicht etwas zu hoch gegriffen. Ich habe mich sehr für den Bau eingesetzt, bin auch einbezogen worden in die Planung und habe dann Schwierigkeiten gehabt, das mir angetragene Intendantenamt abzuwehren. Dazu war ich zeitlich gar nicht in der Lage, aber auch weil mir so ein Amt überhaupt nicht liegt. Ich bin kein Organisator, kein Mensch, der ein so großes Unternehmen leiten könnte. Aber die DDR war immer sehr um ihre Außendarstellung bemüht. Das ging so weit, dass man keinen Mann der Partei, sondern einen wollte, der einen Namen als Künstler hatte. Irgendwann gab es glücklicherweise die Idee, ein Kuratorium zu gründen, das eine gewisse Repräsentanz bildete und das mir die Möglichkeit gab, Künstler in der ganzen Welt anzusprechen. Das war damals nicht selbstverständlich, dass die Künstler-Elite aus dem Westen kam und vor allem entsprechende Geldmittel dafür da waren.

Wer war Ihr politischer Ansprechpartner vor der Eröffnung?
Das war zunächst einmal das Zentralkomitee der SED und dort der zuständige Konrad Naumann. Der sagte mir damals, ich könnte neben dem Intendantenposten ruhig ein bisschen weitersingen. Im Kulminationspunkt war es Erich Honecker persönlich.

Honecker wollte Sie überreden, Intendant zu werden?
Kann man sagen. Es war nicht leicht, ihm klar zu machen, dass auf diese Position besser ein Ökonom gehört.

Wer hat eigentlich den Vorschlag gemacht, das einstige Schauspielhaus als Konzertspielstätte wiederzueröffnen?
Das war von vornherein klar. Auch deshalb, weil dort schon vor der Zerstörung viele Konzerte stattfanden. Ein Schauspielhaus im ursprünglichen Sinne kam nicht in Frage, da gab es bereits das Deutsche Theater. Es fehlte uns aber das Pendant zur Philharmonie in West-Berlin.

Immer wieder wird über die Akustik gestritten. Was waren vor der Eröffnung die Hauptprobleme?
Gerade die Akustik wurde intensiv diskutiert. Wir haben Akustiker beauftragt und viele Proben gemacht - die Meinungen gingen wie heute auseinander. Denn es gab die Überakustik, die im hinteren Bereich des Saales dazu führte, dass sich die Klänge überschlugen. Es wurden schließlich verschiedene Veränderungen vorgenommen.

Welche Musik gehört ins Konzerthaus?
Alles ist möglich. Kritisch wird es vielleicht bei Kammermusik. Ansonsten kommen dort das große Orchester und der große Chor am besten zur Geltung. Vorausgesetzt, es ist voll, weil das Publikum Bestandteil der akustischen Verhältnisse ist.

Ihre Wohnung am Gendarmenmarkt, gleich gegenüber vom Schauspielhaus, haben Sie im Jahr 2000 mit Ihrem Abschied von der Staatsoper aufgegeben. Wann haben Sie das Konzerthaus emotional losgelassen?
Natürlich fühlte ich mich in die Pflicht genommen, dass, wenn so ein Haus gebaut wird, es auch ordentlich genutzt wird. Als nach der Wende die Leitung um Dr. Lessing quasi weggejagt wurde, sah ich als Kuratoriumsvorsitzender keine Notwendigkeit mehr, mich einzubringen. Es gab schließlich auch ganz andere Probleme. Man wusste nicht, wie das Haus fortgeführt werden sollte. Und ob überhaupt ein Stammorchester drin bleibt. Aber die Fragen sind ja nach wie vor ungelöst.

Verfolgen Sie die kulturpolitischen Vorgänge immer noch?
Ja, aber aus einer Distanz der Nicht-mehr-Zuständigkeit. Ich bin von Berlin weg. Nächstes Jahr werde ich 70 Jahre alt und will etwas mehr Ruhe haben. Aber ich war beispielsweise unglücklich darüber, dass man das Haus in Konzerthaus umbenannt hatte. Weil es ein historisches Gebäude ist und als Schauspielhaus gebaut wurde. Konzerthaus ist mir ein viel zu lapidarer Begriff.

Im Konzerthaus gibt es jetzt nicht nur den großen und kleinen, den Beethoven- und Weber-Saal, sondern auch einen Werner-Otto-Saal - benannt nach dem Sponsor.
Da kann ich nur an das Walt-Disney-Haus in Los Angelos erinnern. Es ist ein toller, moderner Konzertbau, obwohl Disney nun wirklich nichts mit klassischer Musik zu tun hat. Aber wer ein Haus sponsert, sollte schon das Recht erhalten, seinen Namen dort irgendwie wieder zu finden. Das finde ich völlig in Ordnung.



Schauspielhaus / Konzerthaus Berlin



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